Gumpeltsheimerstraße
Autor: Matthias Haupt
Gumpeltsheimerstraße Straßennamen (Ortsstraße, Wasserburg a. Inn, statistischer Ortsteil Burgerfeld)
Sinnstiftende Benennung ohne Benennungsbeschluss des Stadtrates. Mit dem Straßennamen wird die Bürger-, Patrizier-, Rats-, Stifter- und Handelsfamilie der Gumpeltsheimer/Gumpelzheimer/Gumpeltzhaimer (u.ä.) geehrt. 1927 gemäß einem Aktenvermerk bereits als Straßenname für die damals neue Straße festgelegt, ohne jedoch im Anschluss mitsamt einer umfangreichen Gruppe von Straßennamen durch den Stadtrat bestätigt worden zu sein.[1] Der Aktenvermerk gibt über die Benennungspraxis keinen Aufschluss, im Stadtratsprotokoll fällt der Straßenname nur im Zusammenhang mit einer anderen Wegebenennung.[2]
Es ist unklar, ob die Verwaltung mit dem Straßennamenvorschlag intendierte, den gesamten (Wasserburger) Familienzweig oder ein bestimmtes Familienmitglied der Gumpeltsheimer ehren zu wollen.
Zur Geschichte der Familie in Wasserburg: Am 10. Januar 1599 verstarb Jörg (Georg) Gumpeltsheimer, genannt der Jüngere, als letztes männliches in Wasserburg verbliebenes Familienmitglied. Er ist als reicher Patrizier - neben seinem Vater Georg Gumpelzhaimer dem Älteren - wohl als das bekannteste Familienmitglied der Wasserburger Linie zu nennen und hinterließ ein Vermögen von mehr als 100.000 Gulden. Jörg (Georg) Gumpeltsheimer war mit Maria Madtin (Martein?) verrheiratet und bewohnte in der Stadt das Haus Nr. 17 am Marienplatz (heute Goldbecker-Haus/Markthallen). Die vier Töchter aus dieser Ehe waren allesamt mit Rats- und Handelsherren Wasserburgs oder umliegender Städte (Laibinger/Peer/Reiter/Schobinger) verheiratet.[3]
Eine ausführliche handschriftliche Genealogie & Geschichte der zu Wasserburg, Trostberg, Augsburg, Linz und zuletzt in Regensburg angesessenen Gumpelzhaimer liegt weitgehend unbeachtet im Stadtarchiv vor.[4] Zwar hat Richard Charteris auch hieraus jüngst neue Erkenntnisse zum Musiker Adam Gumpelzhaimer, dem wohl bekanntesten Vertreter der Trostberger Linie, ableiten können.[5] Neben dieser speziellen musikwissenschaftlichen Studie fehlen jedoch moderne Auswertungen zur Familiengeschichte.
Nach der bis 2019 erfolgten Neuerschließung des Alten Archivs der Stadt verzeichnet dieses 124 Archivalien zum Wasserburger Familienzweig bzw. zu deren Stiftungen. Zuerst ist Bürger Hans Gumpelzhamer 1440 als Zeuge nachgewiesen[6], ab 1510 haben Familienmitglieder (hier: Kämmerer Wolfgang Gumpelzhaimer/Gumpelzheimer) bedeutende Ratsämter inne.[7] Die wohltätige Stiftungstätigkeit der Familie, zunächst als Zustiftung Georg Gumpelzhaimer des Älteren u.a. zum Reichen Allmosen 1586 (hier sollte jährlich für zehn Gulden schwarzes Wasserburger Tuch gekauft und an Arme unverarbeitet zur Herstellung von Bekleidung gespendet werden)[8], mündete schließlich in einer eigenständigen bürgerlichen Allmosen Stiftung für Allmosen, Heiratsverwilligungen, arme und kranke Bürger, die bis in das 19. Jahrhundert hinein nahezu lückenlos verfolgt werden kann.[9]
Ein Grabdenkmal des Wolfgang Gumpelzheimer (†1514), Jörg Gumpelzheimer (†1521) und der Magdalena Gumpelzheimer (†15xx) befindet sich an der Pfarrkirche St. Jakob (Außen).
Im Umfeld der Gumpeltsheimerstraße weitere, verschiedene Personen der Stadtgeschichte ehrende Straßennamen. Hierunter finden sich sowohl solche Sinnstiftungen, die an historisch-bedeutende Wasserburger Bürgergeschlechter (Beispielsweise: Surauer - Surauerstraße oder Abraham Kern - Abraham-Kern-Straße) erinnern; jedoch benachbart auch Personen anderer Zeitstellungen mit ähnlicher Bedeutung für die Ortshistorie (Lehrerpersönlichkeiten/Geschichtsschreiber). (Beispielsweise: Anton Heilingbrunner - Heilingbrunnerstraße, Dionys Reithofer - Dionys-Reithofer-Straße oder Kaspar Brunhuber - Brunhuberstraße). Die Motivation für diese nicht stringent wirkende Benennungspraxis oder für die Kombination und Auswahl der zu Ehrenden bleibt unklar.
Empfohlene Zitierweise:
Matthias Haupt, Gumpeltsheimerstraße, publiziert am 11.09.2024 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Gumpeltsheimerstra%C3%9Fe (03.12.2024)
Lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
- ↑ Aktenvermerk Neue und geänderte Strassennamen, April 1927, StadtA Wasserburg a. Inn, II918./ Sitzung des Stadtrates vom 12.4.1927, StadtA Wasserburg a. Inn, II3101, 73-76.
- ↑ Festgelegt wurde die Benennung des Fußweg von der Heiligbrunnerstraße zur Gumpeltsheimerstraße bei Kurz als Liebhartweg. Beschluss des Stadtrates vom 12.4.1927, StadtA Wasserburg a. Inn, II3101, 76.
- ↑ Birkmaier, Das Testament des Jörg Gumpeltsheimer, 176.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, I3-225./ StadtA Wasserburg a. Inn, I3-226./ StadtA Wasserburg a. Inn, I3-227.
- ↑ Charteris, Two Canons by Adam Gumpelzhaimer.
- ↑ Kirmayer, Chronik, 1440 e./ Die Originalurkunde fehlt.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, I1c56.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, I2a159.
- ↑ Eine ausführlichere Beschreibung der Stiftungen findet sich in Nonnast, Armenwesen Wasserburg, 69-72.