Hugo Bayer
Autor: Stephanie Utschig
Das künstlerisch-grafische Werk von Hugo Bayer
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Lebensdaten
Hugo Bayer, * 3. Mai 1915 in Freising, † 2. Mai 2000 in Wasserburg am Inn.[1]
Lebenslauf
Der Künstler und Grafiker Hugo Bayer wurde 1915 in Freising geboren. Im Alter von fünf Jahren kam er mit seiner Familie nach Wasserburg am Inn. Hier besuchte er die Volksschule und das Gymnasium. Nach dem Abitur 1932 zog es ihn nach Berlin. Ursprünglich war es sein Wunsch Priester zu werden. Jedoch lehnte ihn die katholische Kirche aufgrund seiner Schwerhörigkeit ab. Dafür trat er in den 1881 gegründeten Salvatorianer Orden ein, in dem er bis 1943 Mitglied blieb. Gleichzeitig absolvierte er ein Studium der Kunst- und Gebrauchsgrafik an der Meisterschule für Grafik und Buchgewerbe in Berlin.[2]
Von 1940 bis 1945 wurde er in der Wehrmacht als Sanitäter in Frankreich, Russland und Albanien − hier teilweise auch als Wetterwart − eingesetzt.[3] Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er schließlich wieder in seine alte Heimatstadt Wasserburg zurück. 1946 folgte die Hochzeit mit Maria Niggl, mit der er fünf Kinder bekam. Seinen Lebensunterhalt bestritt er fortan als freiberuflicher Kunstmaler − so die Bezeichnung in der Berufsbestätigung des Kunstverbands bildender Künstler München aus demselben Jahr.[4] Obwohl es nicht an Aufträgen mangelte, gestaltete sich das Berufsleben anfangs nicht leicht. So notiert er 1945 in sein Tagebuch:
Einige Arbeiten habe ich wieder bekommen. Und ich muß sie sparsam annehmen, weil die Farben so knapp sind. Wiederum war ich in München, es ist nichts aufzutreiben. So arbeite ich still für die Zukunft, lerne, studiere Kunstgeschichte. Kunst geschieht, sie wird nicht gemacht … Ich weiß, man muß sorgen für den Tag, aber man muß auch einmal über den Tag hinausgehen können, in die Einsamkeit hinein.[5]
Im Schuljahr 1948/49 betätigte er sich zudem als nebenamtlicher Lehrer für das Malergewerbe.[6] Bis Ende der 1990er Jahre arbeitete Bayer vor allem als Grafiker – vorwiegend für Unternehmen in der Wasserburger Region. Allerdings lassen sich auch einige überregionale Firmen, diverse Gemeinden, Vereine und weitere Institutionen unter seinen Kunden finden. Das Spektrum seiner Dienstleistungen war überaus vielseitig und breit gefächert. So umfasste es u.a. Werbung − wie Prospekte, Plakate, Zeitungsanzeigen oder Flyer , PR- bzw. Merchandising-Produkte − vom Zigarettenbriefchen, Kalender bis hin zum Zuckerpäckchen −, Verpackungen − etwa für Butter, Joghurt und Co. −, Flaschenetiketten − beispielsweise für Bier und Schnaps −, kalligrafische Urkunden − für Jubiläen jeglicher Art − sowie Firmenbriefpapiere, Produkt- und Unternehmenslogos usw.
So betätigte er sich nicht nur als klassischer Werbegrafiker und Mediengestalter, sondern auch als Werbetexter sowie Produkt- und Verpackungsdesigner. Bis in die 1970er Jahre war es sein Alleinstellungsmerkmal, dass er als einziger Künstler in Wasserburg Logos, sog. Firmenzeichen, für Unternehmen designte.[7] Diese stehen besonders herausragend für sein Werk − so stammt von ihm nicht nur das Kleeblatt-Logo der Molkerei Meggle, sondern auch das Firmenzeichen mit den drei in einer Raute befindlichen Männchen der zweiten großen Wasserburger Molkerei Bauer. Darüber hinaus lassen sich in seinem Schaffen kalligrafische Arbeiten und Gestaltungen für sakrale Postkarten, Andachtsbildchen und Urkunden finden, die vor allem aus seiner Studienzeit stammen.
Im Jahr 2000 starb Hugo Bayer nur einen Tag vor seinem 85. Geburtstag. Sechs Jahre später wurde ihm eine Sonderausstellung im Stadtmuseum Wasserburg gewidmet, die eng mit seinen Kindern geplant wurde. Ihr prägnanter Titel lautete: Hugo Bayer − 50 Jahre Graphik in Wasserburg. Hier wurde nicht nur sein vielfältiges künstlerisches Œuvre vorgestellt, sondern auch an den Menschen Hugo Bayer gedacht. Als reiner Familienmensch, außerordentlich bescheiden und zufrieden, warmherzig, offen, philosophisch und fröhlich, blieb er seiner Familie und Mitmenschen in Erinnerung.[8]
Wirken als Künstler und Grafiker
Künstlerisch-grafischer Nachlass
Der künstlerisch-grafische Nachlass des Wasserburger Grafikers Hugo Bayer wurde im März 2021 von seiner Erbengemeinschaft durch die Stadt Wasserburg als Archivbestand für das Stadtarchiv angekauft.
Das breite und vielseitige Œuvre Bayers wird durch den gesamten Bestand wiedergespiegelt. Dieser besteht aus Fotografien, Verpackungs- und Werbematerial, PR- und Merchandising-Produkten, originale Entwurfs- und Reinzeichnungen, Flaschenetiketten, Firmen- und Produktlogos, Briefpapier, Einladungen, Infobroschüren und -faltblätter, Stadt- und Umgebungsplänen, Karikaturen, Exlibris, Zeichenstudien aus seiner Schul- und Studienzeit, religiöse/sakrale Zeichenstudien und Entwürfe, gedruckte Postkarten, Andachts- und Trauerbildchen sowie Urkunden. Des Weiteren Briefe, Entwürfe für Wappen, diverse kalligrafische Arbeiten, Entwürfe für die unterschiedlichsten Stadtansichten Wasserburgs, Materialien und Pressespiegel für die Ausstellung von 2006, Druckplatten für Holz- und Linolschnitte sowie Produktdummys.
Durch den Bestand lässt sich nicht nur ein guter Überblick über Bayers Gesamtwerk nachvollziehen, sondern auch seine künstlerische Entwicklung vom Gestalter religiöser und kalligrafischer Arbeiten während seiner frühen Schaffensphase als Student bis hin zum Werbegrafiker, Produktdesigner und PR-Mann in seiner späteren beruflichen Laufbahn. Außerdem gibt der Bestand einen exemplarischen Einblick in die Arbeitsweise eines Grafikers in der vordigitalen Zeit. Zudem lässt sich durch die Tätigkeit Bayers für einen Großteil der lokalen Unternehmen eine Übersicht der Wasserburger Wirtschaftsgeschichte ableiten. Ein erheblicher Anteil des Bestandes besteht aus Produkt-, Verpackungs- und Werbematerial der Molkereien Meggle und Bauer, der Schnapsbrennerei Sigl sowie der Brauereien Grein- und Bruckbräu. Daneben sind u.a. folgende weitere, teilweise heute noch bestehende, aber auch mittlerweile geschlossene regionale Unternehmen vertreten: Sparkasse, Fleischwaren Soyer, Huber & Sohn, Welo, Josef Hain, Schechtl, Hotel Fletzinger, Hinderegger, Sissi usw. Im überregionalen Bereich: Hermann Jung Eis München, Soxhlet Berlin, Leo Bauer Neuötting usw.
Ein kleiner Teil des Bestandes stammt aus der Schul- und Studienzeit Bayers, seine religiösen Motive vor allem aus den 1930er und frühen 1940er Jahren. Der Großteil der Sammlung lässt sich jedoch in die 1950er bis 1980er Jahre datieren. Vereinzelt lassen sich auch spätere Arbeiten finden. Eine exakte Datierung ist allerdings nur bei einem geringen Anteil des Bestandes möglich.
Außerdem gehören zum Konvolut großformatige Arbeiten. Diese setzen sich vorwiegend aus Zusammenstellungen verschiedener von Bayer gestalteten Druckerzeugnissen, kalligrafischen Skizzen und Schriftproben, Plakaten sowie Plakatentwürfen zusammen.
Künstlerisch-grafische Arbeiten
Wasserburger Schulzeit 1924 bis 1932
Blick in die Sedlmeiergasse – besser bekannt unter Henagassl – von der Hofstatt aus. Die kolorierte Zeichnung auf Karton ist auf den 10. Juni 1924 datiert und mit "Gez. Bayer Hugo" signiert. In der perspektivischen Zeichenstudie zeigt sich bereits das große künstlerische Talent und gute Auge fürs Detail des damals 9-Jährigen.
Die von Bayer gestaltete Couleurkarte für seinen Abschlussjahrgang 1932 an der Luitpold-Realschule Wasserburg - dem heutigen Luitpold-Gymnasium - zeigt auf der Vorderseite das Wasserburger Brucktor mit Brücke, Inn und der markanten Innleiten mit aufgehender Sonne in einer minimalistisch gehaltenen grafischen Linienzeichnung. Effekte werden geschickt durch schwarze Blockelemente sowie den bambusgrünen Farbakzenten gesetzt. In der Schriftgestaltung ist bereits Bayers Talent für Typografie klar erkennbar. Der Stil der Grafik lehnt sich in seiner Reduktion an die Bauhauschule an, lässt aber auch ein leicht verspieltes Element, wie beispielsweise den verschnörkelten Linien im Halbrund der Sonne, erkennen. Unten rechts ist Bayers Signatur H.B. zu sehen, welche er auch zukünftig in unterschiedlichen Variationen als Künstlerzeichen bevorzugt verwendet.
Berliner Zeit 1932 bis 1940er
Nach bestandener Hochschulreife absolvierte Hugo Bayer ein Studium der Gebrauchsgrafik an der Meisterschule für Grafik und Buchgewerbe in Berlin. Neben Gebrauchsgrafik waren Buch- und Pressetypografie, Messe- und Ausstellungsgestaltung sowie Werbeökonomie Lehrgebiete.[9] Alle Bereiche spiegeln sich in seinem späteren Berufsleben als Künstler und Grafiker wieder.
Während seiner Studienzeit widmete sich Bayer vor allem religiösen Motiven. Sein Wunsch Priester zu werden, wurde durch die Ablehnung der katholischen Kirche vereitelt. Seine Gläubigkeit konnte er stattdessen im Orden der Salvatorianer und in seiner Kunst ausleben. Bayer fertigte in dieser Zeit zahlreiche Zeichenstudien in Minitaturgröße, unzählige Vorlagen für Andachtsbildchen und religiöse Postkarten, die durch mehrere Verlage gedruckt und vertrieben wurden sowie Urkunden, etwa für die Hl. Kommunion. Buchumschläge für sakrale Literatur sowie Prospekte sind ebenfalls zu finden.
Dass seine Spiritualität eng mit seiner Kunst verbunden ist, lässt sich auch aus folgendem Tagebucheintrag aus dem Jahr 1945 lesen:
Höchste Kunst ist Erlebnis der Seele. Mögen die anderen in ihrem Glauben glücklich sein, ich bin es in meinem. Weiter komme ich mit der Liebe als mit dem Verstand, höher mit dem Verstehen als mit der Verwerfung …[10]
Die Menschenmenge auf der Miniaturzeichnung führen zwei Ministranten mit Kreuz und Weihrauch an, dahinter seitlich sind Blumen streuende Mädchen zu erkennen, der Pfarrer schreitet, die Monstranz in Händen, unter einem von vier Männern tragenden Baldachin, dahinter schließen sich die weiteren Gemeindemitglieder an. Die Personen im Vordergrund sind zwar detaillierter ausgearbeitet, ihre Gesichter jedoch lediglich angedeutet. Die Konturen der Menschen am rechten Bildrand sind nur grob schraffiert und verlieren sich in der Ferne. Auch der Untergrund des Weges und der Wiese sowie die Wolken am Himmel und die Häuseransiedlung mit Kirche am linken Bildrand sind mit wenigen Zeichenstrichen skizziert.
Die Welt mit ihrem Glanz und Glücke will ich, ein Pilger, froh bereit betreten nur als eine Brücke zu dir, Herr, überm Strom der Zeit.
Über dem Zitat von Joseph von Eichendorff ist eine Brücke über ein Gewässer gespannt, welche eine Industrielandschaft mit einer antiken hellen Häuseransammlung verbindet. Die rauchenden schwarzen Schornsteine auf der linken Seite stehen dem orange-rot leuchtendem Kreuz auf der rechten Seite symbolisch gegenüber. Hier ist Gott für jeden zu finden, welcher die Brücke überqueren wird. Die Farbsetzung des zu dir, Herr in der Schrift ist identisch mit derjenigen des Kreuzes und der Schraffur der Brücke, womit diese farblich subtil als eine Einheit gekennzeichnet sind. Unten links zeichnet die Nummerierung das Bildchen als Nr. 203 im Katalog des Verlages aus, Bayers Signatur Hb ist mittig unter die Schrift gesetzt.
In seinen Andachtsbildchen, wie auch sakralen Postkarten und Urkunden, kombiniert Bayer geschickt sein kalligrafisches und grafisches Können. Die Gestaltung einer solchen Motivik scheint seinem Selbstverständnis als Künstler sehr entsprochen zu haben, so notiert er 1945 in sein Tagebuch: In ein kleines Bild, in eine kleine Schrift sich hineinfügen konzentriert den Geist, sammelt alle Gefühle und – auch die Liebe.[11]
Freischaffender Künstler und Grafiker ab 1945
Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs kehrt Hugo Bayer in seine Heimatstadt Wasserburg zurück und macht sich als Künstler und Grafiker selbstständig. Von nun an arbeitet er für zahlreiche Wasserburger, aber auch überregional angesiedelte Unternehmen. Gemeinden, Vereine und diverse andere Institutionen lassen sich ebenfalls unter seinen Kunden finden das Spektrum seiner Dienstleistungen ist breit gefächert. Bayer fungiert als PR-, Werbe- und Grafikexperte in Personalunion. Sein Arbeitsmaterial, seine Entwurfs- und Reinzeichnungen, aber auch seine selbst gebastelten Produktdummys geben ein Beispiel für den Arbeitsprozess eines Werbegrafikers und Produktdesigners in der vordigitalen Zeit.
Verkaufsausstellungen und Messestände ab 1945 bis 1980er
Hugo Bayer gestaltet nach 1945 bis in die 1980er Jahre Schaufenster für Produktpräsentationen auf Verkaufsausstellungen, später dann Messestände für die beiden großen Molkereien Bauer und Meggle.
Schaufenster mit Produktpräsentation für die Wasserburger Molkerei Bauerschweitzer – heute Bauer – auf der Verkaufsausstellung in Frankfurt 1949. Prägnant ist hier vor allem die kalligrafische Schriftsetzung, die ein typisches Element in Bayers Gestaltung darstellt.
Hugo Bayer vor dem von ihm gestalteten Schaufenster mit Produktpräsentation von Maja, einem Sahne Schichtkäse der Molkerei Meggle, auf der Verkaufsausstellung in München 1954. Über dem Schaufenster ist ein kalligrafisch gestalteter Schriftzug des Firmennamens zu sehen sowie links im Bild das heute weltweit bekannte Kleeblatt-Logo der Molkerei, das Bayer ebenfalls gestaltete.
Blick in das Schaufenster der Molkerei Meggle auf der Verkaufsausstellung in München 1954. Der hier präsentierte Sahne Schichtkäse Maja wurde mit erhält schlank, gesund und jung beworben. Dementsprechend ist hinter den Produktvarianten eine kurvige, aber schmale Damensilhouette abgebildet, die geschickt mit einem Kirschblütenzweig kombiniert ist. Die Darstellungsweise sowie Motivik entspricht der Mode der 1950er Jahre.
Firmenzeichen/Logos
Verpackungen und Produktlogos
Werbung, PR-, Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit
Wasserburger Stadtansichten
Plakate
Kalligrafie
Wappen und Urkunden
...
Empfohlene Zitierweise:
Stephanie Utschig, Hugo Bayer, publiziert am 20.05.2022 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Hugo_Bayer (04.11.2024)
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- ↑ Haupt, Meggle-Kleeblatt.
- ↑ Haupt, Meggle-Kleeblatt.
- ↑ Vonau, Kleeblatt weltberühmt.
- ↑ Berufs-Bestätigung des Kunstverbands bildender Künstler München, ausgestellt am 17.5.1946, StadtA Wasserburg a. Inn, VI6055.
- ↑ Aus Aufzeichnungen im Jahr 1945, StadtA Wasserburg a. Inn, VI6056.
- ↑ Seite aus Jahresbericht von Wasserburger Schule aus dem Schuljahr 1948/49, StadtA Wasserburg a. Inn, VI6055.
- ↑ (Wie Anmerkung 3).
- ↑ (Wie Anmerkung 3) und o.V., 50 Jahre Graphik Bayer.
- ↑ Fachschule Werbung u. Gestaltung Berlin.
- ↑ Aus Aufzeichnungen im Jahr 1945, StadtA Wasserburg a. Inn, VI6056.
- ↑ Aus Aufzeichnungen im Jahr 1945, StadtA Wasserburg a. Inn, VI6056.